15.05.2013

Sportliche Leistung erkaufen - Ein Grund für mangelnde Akzeptanz der Pedelec Biker?


Nach wie vor entwickelt sich der Markt im Bereich der sportlichen Pedelecs und eBike unerwartet schleppend. Dieser Situation wollen wir in diesem Artikel etwas auf den Grund gehen und uns in diesem Zusammenhang die Frage stellen wie es um die Akzeptanz sportlich erkaufter Leistung steht.

Traditionell hat das elektrisch angetriebene Fahrrad als Massenprodukt wohl seinen Hauptabsatzmarkt in der Zielgruppe der rüstigen Senioren. Diese durchaus nicht gerade kostengünstige technische Entwicklung ermöglicht es, relativ unabhängig von der körperlichen Leistungsfähigkeit, das Leben auf dem Zweirad so fort zu setzten wie in jüngeren, vitaleren Jahren.
Dem entsprechend war das Marketing im europäischen Raum der Pedelec-Hersteller in den Anfangsjahres des Serienpedelec auch auf diese finanziell potente Zielgruppe ausgerichtet.
Wie sollte hier also der Sprung zu einer neuen Zielgruppe - dem sportlich orientierten Biker - gelingen?




Blicken wir in das Jahr 2010, also etwas drei Jahre zurück, so dürfte der Wendepunkt hin zum sportlichen Ansatz in etwa parallel mit der Entwicklung eines potenten und effizienten Mittelmotor einhergehen. Die weltweit bekannte Firma Bosch, mit Sitz im schwäbischen, zeigte der Welt zu diesem Zeitpunkt erstmals ihr neues eBike Antriebssystem.
Wie sich zwischenzeitlich zeigt, ist dieses Antriebssystem aufgrund seiner Funktionalität und Flexibilität binnen kürzester Zeit zum Marktführer avanciert.


Nun kam 2011 eine weitere deutsche Firma, mit Sitz im bayrischen Sennfeld ins Spiel. Haibike, ein deutscher Mountainbike Hersteller und bis dato eher bekannt durch seine Carbon Konstruktionen hatte die Idee den Bosch Motor so in einen MTB Rahmen zu drehen, dass die vom altherkömmlich Bike gewohnte Bodenfreiheit gewährleistet war. Dazu kamen dann die sportlichen Eigenschaften des Boschmotors wie das direkte Ansprechverhalten sowie die kraftvolle Entfaltung der elektrischen Leistung auf die eigene körperliche  über den Pedalantrieb und fertig war das erste sportliche Pedelec.


Der Weg in den sportlichen Bereich des Pedelec Nutzers war also ab etwa 2011 gegeben.
Erstaunlicher Weise ging man bei der Vermarktung dieser neuer Produkte aber verunsichert voran. Es war zu diesem Zeitpunkt völlig unklar, wie der Markt auf diese neue Art der Fortbewegung im sportlichen Sinn reagieren würde. So stellte Haibike die ersten Xduro Modelle (Serienbezeichnung bei Haibike für Mountainbikes mit Elektromotor) auf der Eurobike 2010 neben den klassischen Mountainbikes aus.
Und es kam, wie es kommen musste. Ein erster Aufschrei ging durch das MTB-Volk - "Betrug", "Renterfahrzeug" und "... für Menschen mit körperlichen Einschränkungen!" waren nur einige Schlagworte mit denen agiert wurde.

Dem entsprechend wurde auch die Berichterstattung in den klassischen MTB Printmedien im Keim erstickt. Aufgrund des unsportlichen Image des Pedelec, haben die Verlage nach wie vor Angst vor Auflagenverlust im Zusammenhang mit der Berichterstattung über eBikes. So kam es dann auch, dass sich das Image bis heute nur sehr zögerlich in Richtung "sportlich" entwickelt hat. In den speziellen Printmedien findet man die "sportlichen" Modelle elektrifizierter Fahrräder meist zwischen Produkten der klassischen Zielgruppe.

Ein weiteres Resultat des "Pedelec = Renter-Image" war dann auch die mangelnde Entwicklung bei den Herstellern. Haibike als Vorreiter dieser MTB Klasse veränderte im Folgejahr der Erstpräsentation des Pedelec-MTB nur sehr wenig an der Grundkonstruktion sowie der Produktpalette. 2013 aber weitete man die Produktpalette massiv aus.

Cube Epo Reaction 29
Ghost Bikes stellte auf der Eurobike auch ein Pedelc MTB vor, das "Ghost E-Ndure" dieses wurde aber aufgrund von Zulieferer Problemen (offizielle Begründung) aber wieder eingestellt.
Cube Bikes Griff diese Entwicklung als einer der wenigen mit einer eigenen durchdachten Produktserie auf. Durchaus mit Sinn für Ironie bezeichnete man bei Cube dieses Serie "EPO".



Scott brachte mit der E-Sub Serie eine motorisierte Variante ihres urbanen Zweirad "Sub" auf den Markt, welche bis heute in Veränderter Namensgebung (e-venture, e-sportster) baulich nahezu unverändert aber erfolgreich bestand hat.

Scott e-venture
Auch bei KTM gab es Interessante Ansätze, ein vollgefedertes Mountainbike mit schwerem Nabenmotor im Heck brachte in der Praxis aber große Balance Probleme und ist daher als sinnfrei zu betrachten.

Sonst gab es bis zur Eurobike 2012 (Herbst 2012) kaum Hersteller mit eigenen sinnreichen Produkten.



Die Verkaufszahlen der Haibike Xduro Serie hingegen widersprachen dem Image gravierend. So waren diese Bikes bereits 2011 und 2012 frühzeitig ausverkauft oder es gab Wartezeiten von z.T. mehreren Monaten. Nachdem man 2012 beschloss das Produktionsvolumen für die 2013er Generation deutlich zu erhöhen, war die Verfügbarkeit dann in dieser Saison etwas besser.
Genau Verkaufszahlen liegen uns aktuell keine vor.

Es scheint also durchaus eine große Käuferschicht mit sportlichen Interesse zu geben.

Woher stammt also dieses negative Image?
Wieso scheinen sich elektrischer Antrieb gepaart mit körperlicher Anstrengung nicht auf einen sportlichen Nenner bringen zu lassen?

Ich komme zu dem Schluss, dass es als unfair angesehen wird, sich sportliche Leistung in dieser einfachen Form zu erkaufen.
Da gibt es den durchtrainierten sportlichen Biker, der mindestens drei mal die Woche nach einem festen Trainingsplan trainieren muss um an das Leistungspensum eines durchschnittlich trainierten Pedelec Bikes heran zu kommen. Verständlich, dass sich der "wahre" Sportler hier um seine Errungenschaften betrogen fühlt.

Aber um zurück auf das Thema erkaufte Leistung zu kommen, so möchte ich in diesem Zusammenhang auch einmal hinterfragen wie es um die Akzeptanz folgender erkaufter Leistungen steht.
Das 10kg Carbon Fully für um die 7000€ - verschafft sich der Fahrer eines solchen Bikes nicht auch einen Vorteil gegenüber dem finanziell schwächer gestellten Bikers? Muss der Fahrer des leichteren Bikes womöglich einmal die Woche weniger trainieren, da sich ein solches Bike leichter bewegen lässt?
Oder ist es einfacher sich mittels käuflich erworbener pharmakologischen Substanzen einen Leistungsvorteil zu verschaffen? Diese Methode scheint gerade im Profi- sowie ambitionierten Hobbysport durch aus populär und stillschweigend akzeptiert zu sein. Dabei spreche ich hier nicht einmal von illegalen Substanzen. In den Printmedien findet man offensichtlich genügend entsprechende Anzeigen, beispielweise von Schmerzmitteln - Angst vor einer fallenden Auflage aufgrund von Nichtakzeptanz hat hier niemand.

Biker stehen an Liftanlage
Und wie sieht es mit den ganzen Bikern aus die gerne eine Art von Shuttleservice (Auto, Bus, Lift), welche ja in der Regel auch bezahlt werden muss, in Anspruch nehmen um auf den Berg zu kommen? Auf den Berg kommen, ganz ohne Eigenleistung. Auch hier scheint die Akzeptanz voll gegeben - ein Blick in einschlägige Printmedien genügt um festzustellen, dass auf diese Art der erkauften Leistung gerne im ein oder anderen Artikel oder Werbeanzeige hingewiesen wird.



Worin also liegt die unangebrachte Intoleranz gegenüber Pedelec-Bikern?
Meiner Erfahrung nach ist nahezu jeder Biker, welcher das Pedelec Mountainbike einmal ausprobiert hat überrascht von den positiven und durchaus sportlichen Fahreigenschaften.

Nun liegt es also auch an den Herstellern, entsprechende Modelle auf den Markt zu bringen um das Image weiter zu fördern - die bisherigen Verkaufszahlen sollten dazu motivieren.
Sobald das Thema dann eine größere Akzeptanz hat, werden auch die Printmedien sich der Thematik um das Pedelec Bike widmen und so weiter zu einem normalen Umgang beitragen.

Update - Im Pedelecforum wir der Artikel diskutiert - sehr interessante Meinungen dazu: LINK

1 Kommentar:

  1. Genau auf den Punkt gebracht.
    Mein Pedelec MTB ist mein Lift auf den Berg (ich steh nun mal auf Downhill).

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